
Maligne Hyperthermie
Bei der malignen Hyperthermie (MH) handelt es sich um eine erblich bedingte, durch bestimmte Narkosemedikamente (sogenannte volatile Anästhetika und Succinylcholin) ausgelöste Stoffwechselstörung des Skelettmuskels. Typische klinische Symptome einer MH-Krise sind eine Verkrampfung der Kaumuskulatur (Masseterspasmus), generalisierte Muskelverkrampfung (Rigidität), Freisetzung von Muskeleiweißen in den Urin (Myoglobinurie), Herzrhythmusstörungen, Steigerung der Atemfrequenz, Veränderungen im Elektrolythaushalt und zumeist im späteren Verlauf ein exzessiver Anstieg der Körpertemperatur.
Die zuverlässige Therapie einer MH-Krise wird durch die Verabreichung des Medikaments Dantrolen erreicht. Unbehandelt kann eine MH dagegen tödlich verlaufen. Die geschätzte Häufigkeit von MH-Reaktionen bei Narkosen liegt zwischen 1:3.000 und 1:50.000, die geschätzte Häufigkeit der genetischen MH-Prädisposition möglicherweise sogar zwischen 1:2.000 und 1:3.000. Die MH-Prädisposition wird autosomal dominant vererbt, d. h. jeder Träger der Prädisposition ist auch klinisch gefährdet und gibt die Prädisposition an die Hälfte seiner Nachkommen weiter. Somit ist die Diagnosestellung auch für Familienangehörige von großer Bedeutung. Bisher sind zwei Gene bekannt, deren Mutationen ursächlich für eine MH-Prädisposition sein können: In 70-80 Prozent der Fälle wird die MH durch einen Defekt des Ryanodin-Rezeptors Typ 1 (RYR1) verursacht, ca. 1 Prozent der Fälle sind auf einen Defekt des Dihydropyridin-Rezeptors (CACNA1S) zurückzuführen.
Die Diagnosestellung bei Patienten mit MH-Verdacht kann in (nicht humangenetischen) Speziallaboren mit Hilfe eines aufwendigen und invasiven Verfahrens, des sogenannten In-vitro-Kontrakturtests, an einem Muskelbiopsat unter Einwirkung von Halothan und Koffein erfolgen. Die sichere Diagnosestellung durch den molekulargenetischen Nachweis von ursächlichen Mutationen in den Genen RYR1 und CACNA1S erfordert hingegen lediglich eine Blutprobe. Bei familiär bereits bekannten kausalen Mutationen können zudem prädiktive genetische Untersuchungen bei klinisch bisher unauffälligen Familienmitgliedern durchgeführt werden.
Nach Diagnosestellung erhalten die Patienten einen Notfallausweis oder ähnliches (z. B. Plakette), um die behandelnden Ärzte insbesondere in Notfallsituationen über die MH-Prädisposition zu informieren.
Weitere Schwerpunkte
Erbliche Augenerkrankungen
Viele Augenerkrankungen können erblich bedingt sein. Die Kenntnis des ursächlichen Gendefekts hat weitreichende Auswirkungen auf die individuelle Betreuung und Beratung von Patienten und deren Familien.
Erbliche Tumorerkrankungen
Dem familiär gehäuften Auftreten bestimmter Krebsarten liegen oft genetische Ursachen zugrunde. Eine molekulargenetische Diagnostik ermöglicht nicht nur eine gezielte Früherkennung, sondern kann unter Umständen auch präventive Behandlungen indizieren.
Störungen des Nervensystems
Viele Störungen des Nervensystems haben genetische Ursachen und können Teil eines Syndroms sein. Die genetische Diagnostik kann Patienten belastende Untersuchungen ersparen und einen vorausschauenden Umgang mit der Krankheit oder auch eine Therapie ermöglichen.
Hörstörungen
Hörstörungen stellen die häufigste Erkrankung der Sinnesorgane des Menschen dar. Etwa eines von 500 Neugeborenen ist davon betroffen. Rund zwei Drittel der Hörstörungen sind genetisch bedingt.